Wie eine radikale Sanierung neue Perspektiven erschafft
Dass diese Villa in Krampnitz bei Potsdam keine herkömmliche Villa ist, lässt schon ihr Name vermuten. Und der erste Blick darauf bestätigt dies. Der Architekt Arno Brandlhuber hat dieses ehemals als Textil-Lager genutzte Gebäude gekauft und es auf unkonventionelle Art und Weise saniert. Sowohl Architektur als auch Gebäudetechnik wurden auf ein Minimum reduziert und stellen damit so einige Richtlinien in Frage. So ist ein einzigartiges Ateliergebäude entstanden, das mit wenig auskommt, und dafür viel zu bieten hat.
Schon in der Grundsatzentscheidung, ob Abriss und Neubau oder eine Sanierung auf diesem Grundstück sinnvoll seien, wurde der Fokus auf maximale Effizienz gelegt. In diesem Fall bedeutete es, Flächeneffizienz. Denn bei einem Neubau wäre bauordnungsrechtlich nur ein Bruchteil der bestehenden Fläche genehmigungsfähig gewesen. So wurde das Gebäude erhalten, was sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll war.
Auch das Innere blieb weitestgehend unberührt, nur die Wände im Obergeschoss und das Dach wurden entfernt und durch neue tragende Bauteile ersetzt. Wo sich attraktive Ausblicke auf den See und die Umgebung ergaben, wurde die Fassade mit Vorschlaghammern bearbeitet. Diese Arbeitsweise ist den neu entstanden Öffnungen anzusehen und wurde bewusst als Gestaltungsmerkmal eingesetzt.
Die Grundidee des Entwurfs bestand darin, gänzlich auf eine Wärmedämmung zu verzichten und stattdessen das Gebäude in verschiedene Klimazonen einzuteilen. Die massive Bauweise bietet genug Speichervolumen, um bei warmen Temperaturen ein angenehmes Klima im Inneren zu bewahren. Im Sommer lässt sich so die gesamte Fläche als Wohnraum und Atelier nutzen. Im Winter sollte nur der Kern des Gebäudes durch eine Sauna und einen Kamin beheizt werden. Ein den Kern umgebender Vorhang definiert eine Zwischenzone, die vom Inneren gewärmt auch im Winter als Rückzugsort nutzbar sein sollte.
Leider haben die deutschen Vorschriften der smarten Idee einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die bei größeren Sanierungen und Neubauten stets einzuhaltende EnEV sieht einen Vorhang als dämmendes Bauteil nicht vor, so dass letztendlich doch eine Fußbodenheizung eingebaut werden musste. Diese wird mit Geothermie betrieben und bildet in ihren Heizkreisen die vorgesehenen Klimazonen ab.
Die Architekten Brandlhuber + Emde, Burlon haben das minimalistische Konzept bei diesem Gebäude bis ins letzte Detail verfolgt. Die einzige augenscheinliche Ergänzung, die dem Bestandsgebäude hinzugefügt wurde, ist das Dach. Und auch hier wurden auf jegliche überflüssige Technik und Details verzichtet. Das Dach besteht aus einer massiven Platte aus wasserundurchlässigem Beton. Zusätzliche Lagen aus Abdichtungsfolien, Verblechungen etc. konnten dadurch vermieden werden. Nur der Regenablauf wird als übergroßes auskragendes Element gekonnt in Szene gesetzt.
Wie der Name so zwiespältig war und ist die Reaktion des Publikums auf die Transformation des Gebäudes – Anti. Doch neue Ideen brauchen Mut und neue Räume. So erscheint die äußere Gestalt dem ein oder anderen Passanten vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Doch spätestens beim Betreten des Inneren werden die räumlichen Qualitäten erlebbar, so dass hoffentlich noch viele weitere kreative Ideen und Projekte in diesem Atelier entstehen werden.
Bilder: Titel: Katrin Schwarz / Innen: ©Erica Overmeer / Bestand: Brandlhuber + Emde, Burlon