ESG und Taxonomie

Wie mit ESG Kriterien und der Taxonomie Verordnung Unternehmen und Investitionen nachhaltiger werden sollen

Die Einhaltung von ESG Kriterien (Environment Social Governance) haben sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr Unternehmen auf die Fahnen geschrieben. Mit der 2021 verabschiedeten europäischen Taxonomie Verordnung erhalten diese nun einen gesetzlichen und messbaren Rahmen. Damit wird ein Werkzeug am Markt eingeführt, um nicht die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu bewerten, sondern Branchenunabhängig auch die der Unternehmen und deren Investitionen.

Nachhaltige Gebäudezertifizierungen wie das amerikanische LEED, das deutsche DGNB, oder das britische Breeam Label sind seit vielen Jahren am Immobilienmarkt verbreitet. Flächendeckend durchgesetzt haben sich diese bisher nicht. Sie dienen in erster Linie dazu, Qualitätsstandards zu prüfen und quantifizierbare Nachhaltigkeitskriterien festzulegen. Eine Verbesserung von CO2-Neutralität, Energieeffizienz oder -einsparung lässt sich dadurch leider nur selten erzielen. Denn die Zertifizierungsprozesse werden in der Regel zu spät im Planungsprozess implementiert, so dass dann kaum noch Einfluss auf relevante Stellschrauben genommen werden kann.

Viele der ökologischen oder sozialen Kriterien sind per Gesetz ohnehin gesichert, sei es durch die EnEV oder seit 2020 das GEG (Gebäude Energie Gesetz), die Arbeitsstättenverordnung und entsprechende Richtlinien dazu (ASR). Es handelt sich bei der aufwändigen Nachweisführung der unterschiedlichen Zertifizierungsarten meist um eine reine Dokumentation und dadurch mehr oder weniger um ein „green washing“ der bereits bestehenden Planung.

Anhand der ESG Kriterien wird dieser Nachhaltigkeitnachweis nun angewendet auf die in der Immobilienbranche tätigen Unternehmen, in erster Linie die Entwickler und Portfoliobesitzer. Die Environmental (E) Kriterien lassen sich dabei einfacher beschreiben und nachweisen, als die Social (S) und Governance (G) Kriterien. Die „E“ Kriterien erfassen Faktoren wie Energie, Ressourcen, Mobilität, Abfall, Stadtklima und Biodiversität, ähnlich wie bei den Gebäudezertifizierungen. Unter „S“ fallen Themen wie Mitarbeiter-, bzw. Nutzerbeteiligung, Gesundheit, Gemeinschaft und Gleichberechtigung. Unter „G“ laufen in der Unternehmensführung verankerte Themen wie Beschaffungsprozesse, Anreizsysteme, Korruption, Transparenz sowie das Risikomanagement.

Eine verbindliche Definition zum Nachweis der ESG Konformität gibt es bisher allerdings nicht. Viele Unternehmen stellen ihre eigenen ESG Kataloge auf.  Eine nachhaltigere Unternehmenskultur lässt sich dadurch nicht per se erreichen. Nichts destotrotz macht es für jede Firma Sinn, sich mit den Kriterien auseinanderzusetzen, um ein Bewusstsein für den eigenen Standpunkt zu schaffen und Optimierungspotentiale auszuloten.

Der Nachweis der ESG oder Taxonomie Konformität wird nun zunehmend auch gefordert für Immobilientransaktionen und -investitionen. Sie lassen sich allerdings nur bedingt übertragen auf Immobilien und sind nicht gleichzusetzen mit den Kriterien, die eine Zertifizierung mit sich bringt. Die Environmental Kriterien sind am leichtesten anwendbar auf Gebäude, da die ökologische Nachhaltigkeit bei Gebäuden am besten messbar ist. Die Social und Governance Kriterien sind schwieriger zu übertragen, da sie die operative Unternehmensführung bewerten. Bei einem Gebäude entspricht das dem Betrieb und der Nutzerebene. Die Bewertung lässt sich daher erst in der Nutzungsphase und nicht in der Herstellungsphase vornehmen.

Die Taxonomie Verordnung wurde nun auf europäischer Ebene mit dem Ziel eingeführt, „Nachhaltigkeit und den Übergang zu einer klimaneutralen, ressourceneffizienteren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft“ zu erwirken. Von den drei ESG Bausteinen wurden dabei allerdings erst die Umweltziele (Environmental) definiert. Für zwei der insgesamt sechs Umweltziele wurden technische Bewertungskriterien formuliert: Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Für die anderen Ziele „Do not significant harm“ (DNSH) und Mindestschutz der Menschenrechte liegen noch keine Zielformulierungen vor.

Ziele der Taxonomie Verordnung

Bis jedoch nicht alle Ziele definiert und durch technische Bewertungskriterien belegt sind, ist keine Messbarkeit und damit Vergleichbarkeit gegeben. Es stellt sich ferner die Frage, ob sich soziale Kriterien überhaupt in messbaren Daten erfassen lassen. In Deutschland sind sie im Arbeitsrecht, Verfassungsrecht und Korruptionsrecht teils sowieso schon verankert. Außerdem lässt die aktuelle Debatte, ob Atomkraft und Erdgas als grüne Energiequellen gelistet werden dürfen, erahnen, wie schwierig eine Vereinheitlichung der Standards auf EU Ebene werden dürfte.

Die Berichterstattungspflicht gilt vorerst nur für große und börsennotierte Unternehmen. Deren wirtschaftliche Aktivitäten wie beispielsweise die Finanzierung von Immobilienverkäufen und Entwicklungen sind anhand der Taxonomie Kriterien offenzulegen. Der ohnehin schon hohe Dokumentationsaufwand solcher Transaktionen wird sich damit zukünftig wohl noch vergrößern.

Ähnlich der Gebäudezertifizierungen sind die ESG Kriterien und die Taxonomie Verordnung ein Ansatz, ein Bewusstsein für nachhaltigere Investitionen in der Baubranche zu schaffen – auch wenn der Weg noch lang sein wird. Inwieweit das Kapital dann doch dem rentabelsten Projekt und nicht dem grünsten Projekt folgt, wird sich zeigen. Die Entscheidung für das Maß einer nachhaltigen Umsetzung verbleibt somit vorerst auf Bauherrenseite.

Die Stadt auf zwei Rädern

Wie eine Stadt der Zukunft ohne Autoverkehr aussehen könnte

Es gibt Städte, die schon heute nicht mehr nur von Autos dominiert werden, sondern von alternativen umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, wie beispielsweise die Fahrradstadt Kopenhagen. Durch Fahrverbote, Gebühren und Parkplatzverknappung versuchen Städte wie Stockholm, London und Peking derzeit, den umweltbelastenden Autoverkehr in der Stadt einzuschränken. Doch nicht durch Strafen, sondern vielmehr durch staatlich unterstützte Anreize und gute Verkehrsprojekte kann es gelingen, klimafreundliche Mobilität in den Großstädten zu fördern.

Cykelslangen in Kopenhagen

Eines der ältesten und gesündesten Fortbewegungsmittel ist das Fahrrad. Nicht jede Stadt ist aufgrund ihrer Topografie und Größe dafür gemacht. Doch sogar flächenmäßig weitläufige Städte wie London haben es in den letzten Jahren geschafft, das Fahrradfahren in der City populär zu machen. Events wie die Brompton World Championship – ein Radrennen auf den Klapprädern der Marke Brompton – machten das Radfahren auch für die „Business-Klientel“ zum Kult.

Kopenhagen ist sicherlich der Vorreiter in Sachen Fahrradverkehr und seit mehreren Jahren auf Platz 1 der weltbesten Fahrradstädte, gefolgt von Utrecht und Amsterdam. Bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung fährt hier mit dem Rad zur Arbeit oder zur Schule. Durch ein ausgebautes Wegenetz im öffentlichen Raum hat das Fahrrad sich hier zum schnellsten Fortbewegungsmittel entwickelt. Dazu gehören Ampelschaltungen, die Fahrradwege bevorzugen, eine ausreichende Anzahl von Abstellplätzen, sowie weitere komfortable Hilfsmittel für Fahrradfahrer, wie Haltevorrichtungen an den Ampeln.

Auch in Berlin laufen Pläne, das Fahrradnetz auszubauen und einen Anreiz zu schaffen, aufs Rad zu steigen. Dazu gibt es Pläne, unter der Hochbahn U1, die die Stadt von Ost nach West quert, einen überdachten Fahrradhighway zu errichten, auf welchem sich die Stadt schneller als mit jedem anderen Verkehrsmittel durchqueren ließe. Eine weitere Strecke ist parallel zur Bahnstrecke S1 von Zehlendorf Richtung Potsdamer Platz geplant, auf der man kreuzungsfrei und sicher ins Zentrum gelangt.

Gleiches ermöglicht die Alber Tibby Cotter Bridge in Sydney, über die man elegant und treppenfrei einen Highway quert. Vergleicht man allerdings die ersten umgesetzten Projekte in Berlin wie die neuen Fahrradwege mit Verkehrsprojekten in Kopenhagen und Amsterdam, lässt die Gestaltung in Deutschland noch sehr zu wünschen übrig. Mit der Cykelslangen (Fahrradschlange) in Kopenhagen und dem Fietstunnel (Fahrradtunnel) in Amsterdam können die deutschen Verkehrsplaner nicht wirklich mithalten.

Je vollgestopfter die Straßen sind, je unzuverlässiger die öffentlichen Verkehrsmittel, desto einfacher wird es sein, die Bevölkerung aufs Rad zu bringen. Dadurch lässt sich nicht nur das Geld für Benzin oder Bahn sparen, sondern auch das Geld fürs Fitnessstudio, denn die sportliche Betätigung gibt es gratis dazu. Und um diese Bewegung voranzutreiben, braucht es keine großen technischen Innovationen, sondern den Willen und die Unterstützung der Stadtplanungsämter.

Investitionen in die Verkehrsplanung sind erforderlich, die sich langfristig durch gesündere und glücklichere Bürger auszahlen, die nicht den Krankenkassen auf der Tasche liegen, sondern durch Steuerzahlung zum Staatshaushalt beitragen. Und wieviel qualitativen Aufenthaltsraum würden wir gewinnen, wenn die Parkplätze und Fahrspuren eines Tages zu öffentlichen Grünflächen umgenutzt werden würden. Ganz zu schweigen von der Verbesserung der Luft, wenn Bäume hier die Autos ersetzten.

Bilder:
Cykelslangen: Dissing + Weitling / Fietstunnel: Benthem Crouwel Architects / Albert Cotter Bridge: Hassell Studio / Radbahn: Radbahn Berlin

Wasserbauwerke gegen die Fluten

Wie Länder an der Küste sich gegen die Folgen des Klimawandels rüsten  

Die Niederlande, ein Land, das im Durchschnitt 6m unter dem Meeresspiegel liegt, hat seit jeher mit dem steigenden Meeresspiegel zu kämpfen. Schon vor hunderten von Jahren haben die Holländer sogenannte Polder gebaut, um ihre Felder vor den Fluten zu schützen. Trocken gepumpt kann so unterhalb des Meeresspiegels Landwirtschaft betrieben und Städte gebaut werden. Mit dem „Afsluitdijk“ (niederl. Abschlussdeich) wurde ein Ingenieursbauwerk geschaffen, das weltweit einzigartig ist, um den Folgen des Klimawandels zu trotzen.

Der Abschlussdeich ist ein 32 km langer Damm, der die Nordsee vom Ijsselmeer trennt und das dahinterliegende Land sowie die Stadt Amsterdam vor den Gezeiten schützt. Durch den Abschluss von der Nordsee wurde das Ijsselmeer zunehmend zu einem Süßwassergewässer. Polder konnten gebaut und das Land dahinter stückweise trockengelegt und für die Landwirtschaft gewonnen werden. So vergrößert sich die Fläche der Niederlande stetig, obwohl sie unterhalb des Meeresspiegels liegt.

Da der Deich durch die Gezeiten ständigen Erosionen ausgesetzt ist und die beiden Schleusen nicht mehr den aktuellen Standards der Schifffahrt entsprechen, soll er nun saniert werden. Auch der befürchtete Anstieg des Meeresspiegels ist ein Grund, weshalb eine Verstärkung des Deichs als dringend notwendig erachtet wird. Momentan läuft unter der Leitung der Rijkswaterstaat (niederl. Behörde für Wasserbau und Straßen) ein Projekt zur Modernisierung des Deichs, welches im Jahr 2050 abgeschlossen sein soll.

Im Rahmen des Projektes „Masterplan Afsluitdijk“ werden auch verschiedene Formen der regenerativen Energiegewinnung untersucht. So soll der Deich zukünftig nicht nur der Abwehr der natürlichen Kräfte von Wind und Wasser dienen, sondern auch einen Nutzen daraus für die Umwelt und Naherholung ziehen. Neben Windrädern und Turbinen gibt es zahlreiche Initiativen und Projektideen zur nachhaltigen Modernisierung und Nutzung des Bauwerks.

Paul de Ruiter Architekten planen zusammen mit den Landschaftsarchitekten Feddes/Olthof eine Art Insel in dem Abschlussdeich. Das Projekt sieht unter anderem ein neues Durchlassbauwerk für Fische vor, um ihnen den Rückzug in die Laichgebiete entlang der Ijssel zu ermöglichen. Auf der Suche nach einer innovativer Deichstruktur wurde eine 3d-gedruckte Wabenstruktur aus widerstandsfähigem Basalt entwickelt, der CO2 schonend hergestellt werden kann.  

Auch in anderen Ländern entstehen Bau- und Bollwerke gegen die Fluten. In Japan wurde in den letzten Jahren eine 400 km lange Betonmauer zum Schutz der Küstenregion vor Sturmfluten und Tsunamis errichtet. Die Gestaltung und der Naherholungswert dieses massiven Bauwerks lässt hingegen noch zu wünschen übrig. Der Abschlussdeich ermöglicht nicht nur eine Trennung der Gewässer, sondern auch eine Verbindung der beiden Landzungen. Er kann neben dem Auto auch mit dem Fahrrad überquert werden. Ein bisschen Rückenwind ist dafür allerdings von Vorteil.

Bilder Afluitdijk: Paul de Ruiter Architekten, Feddes/Olthof LA / Seawall: Collage by KS