Ökobilanzierung für Einsteiger

Wieviel graue Energie wirklich in einem Gebäude steckt

Und wie lässt sich diese ermitteln? Dass der Betrieb von Gebäuden den Großteil der Energie verbraucht, die es im Laufe seines gesamten Lebenszyklus benötigt, ist kein Geheimnis. Doch auch im Herstellungsprozess der Bauteile ist eine Menge „Graue Energie“ versteckt, die erst bei genauer Untersuchung der Herstellungsprozesse und Eigenschaften der verbauten Materialien beziffert werden kann. In verschiedenen Datenbanken werden diese Informationen gesammelt, um eine ganzheitliche Ökobilanz von Gebäuden erstellen zu können. Ähnlich wie die Lebenszykluskosten von Gebäuden (LCC – Life Cycle Costs), lässt sich so der Lebenszyklus der einzelnen Baustoffe darstellen (LCA – Life Cycle Assessment).

In sogenannten Umweltproduktdeklarationen (EPDs – Environmental Product Declaration) werden die Umwelteinwirkungen eines Baumaterials in Zahlen erfasst und vom Hersteller ausgewiesen. Es gibt verschiedene Datenbanken, die diese Angaben für eine Vielzahl von Baumaterialien sammeln. Dazu gehört zum einen der Primärenergiebedarf, der für die Herstellung, die Instandsetzung und den Rückbau verwendet wird, mit Differenzierung der erneuerbaren Primärenergie und der nicht erneuerbaren Primärenergie. Diese versteckte Energie bezeichnet man als „Graue Energie“.

Neben dem Primärenergiebedarf werden weitere Indikatoren ausgewiesen, durch die sich die Umwelteinwirkungen eines Materials beziffern lassen, jeweils bezogen auf die Nettogeschossfläche (NGF):

    • Treibhausgaspotenzial (kurz GWP, Global Warming Potential)
    • Ozonschichtabbaupotenzial (ODP, Ozone Depletion Potential)
    • Ozonbildungspotenzial (POCP, Photochemical Ozone Creation Potential)
    • Versauerungspotential (AP, Acidification Potential)
    • Überdüngungspotential (EP, Eutrophication Potential)

Gewiss lässt sich darüber streiten, was die Sammlung dieser zahlreichen Daten bewirkt und wie verlässlich deren Aussagekraft ist. Doch bei der Entscheidungsfindung im Entwurfsprozess beispielsweise für oder gegen ein Fassadensystem oder Fußbodenmaterial lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen. Zudem fordern die meisten Zertifizierungslabels den Nachweis einer Ökobilanzierung.

Es sind bereits Unmengen an Daten in diversen Datenbanken (z.B. ökobaudat, ecoinvent) vorhanden, jedoch ist deren Vergleichbarkeit nicht unbedingt gegeben. Zur Standardisierung wurden bereits einige Initiativen in Angriff genommen. Doch noch sind die verschiedenen Lebenszyklusphasen eines Baumaterials in den Datenbanken weder einheitlich noch ganzheitlich dargestellt.

In der Herstellungsphase wird der Transport und Einbau auf der Baustelle nicht berücksichtigt. In der Nutzungsphase wird die Versorgung mit Energie wie auch die Instandsetzung berücksichtigt, nicht aber die Reinigung und Wartung. Die größten Unterschiede ergeben sich jedoch am Ende der Nutzungsdauer; hier wird in manchen Produktdatenblättern die Entsorgung mit kalkuliert, in anderen EPDs nicht. Und in seltenen Fällen wird sogar die Energie ausgewiesen, die beim Recycling des Materials zurückgewonnen werden kann.

Doch auch wenn die zur Verfügung stehenden Daten (noch) nicht einheitlich und 100% verlässlich sind, lohnt sich der Blick in der Entwurfsphase darauf. Denn nur so kann eine Sensibilisierung dafür stattfinden und umweltbewusstes Bauen überhaupt angeschoben werden.

Bilder: Stahlproduktion: Can Stock Photo, alephcomo / Chart: Datenquelle KBOB